ConfRep: Diaspora as a Resource: Comparative Studies in Strategies, Networks and Urban Space (German)

Institut für Ethnologie, Universität Hamburg
04.06.2010-06.06.2010, Hamburg

Bericht von:
Ramona Lenz, Zentrum für Mittelmeerstudien, Ruhr-Universität Bochum
E-Mail:

Es war die dritte Konferenz in zehn Jahren zum Thema Diaspora, die das
Institut für Ethnologie der Universität Hamburg vom 4. bis 6. Juni 2010
im Warburg Haus ausrichtete. In ihrer Einführung zur diesjährigen
Konferenz unter dem Titel “Diaspora as a Resource: Comparative Studies
in Strategies, Networks and Urban Space” ließ WALTRAUD KOKOT (Hamburg),
die Leiterin des Forschungsprojektes “DiaspoRes – Diaspora as a
Resource”, die Diaspora-Forschung der letzten beiden Jahrzehnte Revue
passieren. Dabei nahm sie das Erscheinen der ersten Ausgabe der
Zeitschrift “Diaspora” in 1991, die eng mit dem Namen ihres Herausgebers
Khachig Tölölyan verbunden ist, zum Ausgangspunkt. In der ersten Dekade
der anthropologischen Diasporaforschung sei es fast ausschließlich um
Identitätsfragen gegangen. Ökonomische und soziale Netzwerke seien nicht
berücksichtigt worden, und es habe keinerlei Theoriebildung
stattgefunden. Parallel habe sich nahezu unbemerkt von der Anthropologie
die Diaspora-Forschung in Disziplinen wie Politologie und
Wirtschaftswissenschaften weiterentwickelt. Zudem hätten im Zuge
postmoderner Theoriebildung angrenzende Begriffe wie beispielsweise
Hybridität an Bedeutung gewonnen und die Rhetorik der Auflösung
örtlicher Bindungen sei dominant geworden, wovon sich die Hamburger
Diaspora-Forschung mit ihrem Fokus auf Lokalität distanziert habe.

In der gegenwärtigen, von verschiedenen Disziplinen betriebenen
Diaspora-Forschung machte Kokot verschiedene Schwerpunkte aus. Zum einen
werde der Beitrag untersucht, den Diasporas einerseits für ihr
Herkunftsland und andererseits für die Gesellschaften leisten, in denen
sie leben. Zum anderen werde – vorwiegend von den
Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsethnologie – ethnisches
Unternehmertum erforscht, wobei zunehmend mit dem Konzept der “middleman
minorities” gearbeitet werde. Darüber hinaus würden vermehrt Netzwerke
und Wertsysteme fokussiert. Vor allem in den Geschichtswissenschaften
würden außerdem Einzelfall- oder vergleichende Studien über
Handelsdiasporas erstellt. In Stadtanthropologie und Stadtgeschichte
lasse sich hingegen ein zunehmendes Interesse an “Diaspora-Städten”
feststellen.

Für die zukünftige Diaspora-Forschung hielt Kokot es für wichtig,
weniger die Opferrolle als den Erfolg von Diaspora-Gemeinschaften ins
Zentrum zu stellen. Angesichts der Vielfalt von Diaspora-Situationen
schlug sie vor, keine allgemein gültige Diaspora-Definition
vorauszusetzen, sondern sich pragmatisch auf Selbstdefinitionen zu
beziehen.

Auch KHACHIG TÖLÖLYAN (Middletown, CT) warf in seinem Eröffnungsvortrag
zunächst einen Blick zurück. Bis Mitte der 1990er-Jahre hätten sich in
den USA nur Vertreter/-innen der postkolonialen Literaturwissenschaften
und der Anthropologie für die von ihm 1991 erstmals herausgegebene
Zeitschrift “Diaspora” interessiert. Erst 1996 habe auch die Soziologie
sich langsam für das Thema geöffnet. Seither habe es große Veränderungen
gegeben. In den 1990er- Jahren sei es nicht nur unter
Wissenschaftler/-innen verschiedener Disziplinen, sondern auch unter
Künstler/-innen, Kulturproduzenten und -produzentinnen und
Politiker/-innen Mode geworden, über alle verstreut lebenden
Gemeinschaften als Diasporas zu sprechen. Lege man einen derart
erweiterten Diaspora-Begriff zugrunde, lebe die Hälfte der
Weltbevölkerung in der Diaspora.

Trotz seiner Kritik an einem allzu umfassenden Diaspora-Begriff,
lieferte Tölölyan keine eindeutige Definition, sondern hielt fest, dass
Menschen – abhängig von der Situation, in der sie leben – zwischen
verschiedenen Zugehörigkeiten wechseln. Auch das Verhältnis der Diaspora
zum Herkunftsland ändere sich entsprechend. So erwürben Armenier/-innen
aus Iran und Libanon aufgrund der instabilen politischen Situation in
ihren Ländern deutlich häufiger Immobilien in Armenien als
Armenier/-innen, die in den USA leben.

Mit JANET TAI LANDA (Toronto), die den zweiten Eröffnungsvortrag hielt,
kam eine Wirtschaftswissenschaftlerin an prominenter Stelle zu Wort. Auf
der Grundlage ihrer ethnographischen Forschung über chinesische
“middleman diasporas” in Südostasien stellte sie ihr Konzept der
“ethnically homogeneous middleman groups (EHMG)” vor. Tai Landa bekannte
sich dabei zu einem essentialistischen Verständnis von Ethnizität und
bezog sich zudem auf das evolutionstheoretische Konzept der
Gruppenselektion und die “rational choice theory”. “Ethnic trade
diasporas (ETD)” definierte sie dementsprechend als Netzwerke ethnisch
homogener Gemeinschaften, die durch eine funktionale Arbeitsteilung
verbunden sind und deren Erfolg auf dem Ausstechen anderer Gruppen im
Wettbewerb beruht. Sie betonte, dass der auf Verwandtschaft, Ethnizität
und/oder Religion basierende Zusammenhalt der Diasporamitglieder mit der
zunehmenden Seltenheit und dem steigenden Wert der gehandelten Waren
sowie mit dem erhöhten Bedarf an Vertrauen (z.B. bei kriminellen
Handlungen) stärker werde.

Während ihre beiden Vorredner/-innen einen eher vorsichtigen Umgang mit
der Kategorie Diaspora erkennen ließen – Kokot, indem sie dafür
plädierte, die Selbstdefinition der Untersuchten Ernst zu nehmen, und
Tölölyan, indem er die Kontextabhängigkeit von Zugehörigkeiten betonte –
legte Tai Landa mithilfe von Versatzstücken aus unterschiedlichen
theoretischen Konzepten verschiedener Disziplinen eine Definition von
Diaspora vor, die wenig Raum für Ambivalenzen und Wandelbarkeit ließ.

Die chinesische Diaspora, die die empirische Grundlage von Tai Landas
Überlegungen darstellte, stand auch im Fokus einiger weiterer Vorträge.
Wenn man nicht wie die Organisatoren und Organisatorinnen der Konferenz
davon absieht, die Vorträge entlang von ethnischen Gruppen zu ordnen,
lassen sie sich folgendermaßen sortieren: erstens Studien, die eine
Diaspora-Gemeinschaft an einem relativ klar bestimmten Ort in den Blick
nahmen: Chinesen und Chinesinnen in Südostasien (JANET TAI LANDA,
Toronto), Malaysia (CHRISTIAN GIORDANO, Fribourg) und Serbien (MAJA
KORAC-SANDERSON, London), Taiwanesen und Taiwanesinnen in Kalifornien
(CHRISTINE AVENARIUS, Greenville, NC), Russen und Russinnen in Sofia
(MILENA BENOVSKA, Sofia), Türken und Türkinnen in Amsterdam (FLIP LINDO,
Amsterdam) und sephardische Juden und Jüdinnen in Thessaloniki (RENA
MOLHO, Athen); zweitens Studien, die eine Diasporagemeinschaft in ihrer
Verbreitung über mehrere Länder thematisierten: pontische Griechen und
Griechinnen (EFTHIA VOUTIRA, Thessaloniki), Musiker/-innen aus The
Gambia (HAUKE DORSCH, Mainz) und Armenier/-innen (KHACHIG TÖLÖLYAN,
Middletown, CT); drittens Studien, die mehrere Diaspora-Gemeinschaften
aufeinander bezogen: Türken und Türkinnen, Chinesen und Chinesinnen,
Südasiaten und Südasiatinnen in Österreich (BERNHARD FUCHS/MAX
LEIMSTÄTTER, Wien), Chinesen und Chinesinnen, Inder/-innen,
Araber/-innen, Europäer/-innen und Indigene in Indonesien (FREEK
COLOMBIJN, Amsterdam), Juden und Jüdinnen, Armenier/-innen und
Hugenotten und Hugenottinnen in der Geschichte (INA BAGHDIANTZ MACCABE,
Medford, MA).

Das Absehen der Veranstalter/-innen von einer solchen Sortierung ist
plausibel, insofern sie sich von einem essentialistischen Verständnis
ethnischer Zugehörigkeit abgrenzten und nicht danach fragen wollten, wie
Diaspora-Gemeinschaften ihre Identität in der Fremde bewahren. Es ging
ihnen vielmehr darum, Diaspora-Gemeinschaften im Kontext der sozialen
und politischen Bedingungen in den Ländern, in denen sie leben, zu sehen
und miteinander zu vergleichen. Um diese vergleichende Perspektive zu
ermöglichen, wurden die Vorträge daher nach quer liegenden
Fragestellungen sortiert. Ohne dass sie im Tagungsprogramm so
überschrieben worden wären – es wurde ganz auf eine explizite
thematische Gruppierung verzichtet -, wurden zunächst Studien zum Thema
Netzwerke und ethnisches Unternehmertum vorgestellt (Tai Landa,
Giordano, Korac-Sanderson, Baghdiantz McCabe) und anschließend solche,
die sich mit Identität befassten (Benvoska, Voutira). Im nächsten Block
ging es um Kulturproduktion – konkret um Musiker/-innen – in der
Diaspora (Fuchs/Leimstättner, Dorsch). Weitere Themenblöcke ergaben sich
unter den (impliziten) Überschriften Religion (Lindo, Molho) und Stadt
(Clombijn, Avenarius).

Mehrere Vortragende warfen die Frage auf, ob es sich bei der von ihnen
vorgestellten Gruppe tatsächlich um eine Diaspora handelt. Während vor
allem diejenigen, die über Griechen und Griechinnen, Armenier/-innen
oder Juden und Jüdinnen sprachen, keine Notwendigkeit sahen, die
Angemessenheit des Diaspora-Begriffs zu bezweifeln, wählten andere eine
pragmatische Definition. So etwa Freek Colombijn, der das Merkmal des
Kontakts zum Herkunftsland herausgriff und die verschiedenen ethnischen
Gruppen in Indonesien, mit denen er sich befasste, dementsprechend als
Diasporas fasste. In mehreren Vorträgen erfolgte der Bezug auf das
Diaspora-Konzept über Abgrenzung zu anderen Konzepten. So unterschied
Voutira den Begriff der Diaspora vom Konzept des Kosmopolitismus,
insofern mit letzterem die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Heimatland
abgelehnt und stattdessen das Zuhausesein in der Welt angestrebt werde.
Tölölyan hingegen lehnte Aihwa Ongs Privilegierung des Konzepts des
Transnationalen ab, da es nicht – wie Ong behaupte – weniger
essentialistisch sei als das Diaspora-Konzept. Und Giordano grenzte sich
ab von einem durch Theoretiker wie James Clifford oder Robin Cohen
vertretenen postmodernen Diaspora-Konzept, das nur Akteure und
Akteurinnen kenne, aber keine sozialen Gruppen.

CHRISTIAN GIORDANOs (Fribourg) Vortrag war vor allem auch deswegen
interessant, weil er die Bedeutung der historischen Tiefe in der
Untersuchung gegenwärtiger Diaspora-Gemeinschaften plausibel machte.
Anknüpfend an den soziogenetischen Ansatz von Norbert Elias griff er
einzelne Elemente der Vergangenheit auf, die er als bedeutsam für die
Gegenwart erachtete. Für Penang, eine Hafenstadt, die heute zu Malaysia
gehört, müsse berücksichtigt werden, dass sie ab 1786 Teil des
britischen Empire gewesen sei. Die Briten und Britinnen hätten bis 1819
Einwanderung gefördert und dafür gesorgt, dass dem Konzept der “plural
society” entsprechend mehrere Gruppen nebeneinander – aber nicht
zusammen – lebten. Es seien größtenteils Chinesen und Chinesinnen
gekommen, die bis heute eine sehr heterogene Gruppe darstellten. Auf
lokaler Ebene betonten sie noch immer ihre Verschiedenheit entsprechend
ihrer unterschiedlichen Herkunft, während sie sich auf nationaler Ebene
einheitlich als Chinesen und Chinesinnen repräsentierten. Da die
Bezeichnung Diaspora ein Mindestmaß an Homogenität beinhalte,
bezweifelte Giordano ihre Angemessenheit in Bezug auf die Chinesen und
Chinesinnen in Penang.

Auch FREEK COLOMBIJN (Amsterdam) setzte sich in seinem Vortrag über
verschiedene Diaspora-Gemeinschaften in Indonesien mit der andauernden
Bedeutung der kolonialen Vergangenheit auseinander. Neben den Chinesen
und Chinesinnen, Inder/-innen und Araber/-innen begriff er auch die
Europäer/-innen in Indonesien als Diaspora. Die These, dass die
kolonialen Städte Südostasiens in erster Linie entlang ethnischer
Zugehörigkeiten segregiert gewesen seien und sich im Zuge der
Entkolonialisierung eine Verschiebung von ethnischer Segregation zu
einer Segregation entlang von (einkommensbedingter) Klassenzugehörigkeit
vollzogen habe, bezweifelte er. Der städtische Raum sei immer entlang
von Klassenzugehörigkeiten aufgeteilt gewesen, auch vor der
Unabhängigkeit schon. Die Kontinuität dieser räumlichen Aufteilung zu
verfolgen, war das Anliegen seines Vortrags.

Ebenso wie Colombijn verschiedene Diaspora-Gemeinschaften in ihrem
Verhältnis zueinander in den Blick nahm und dabei auch Differenzen
entlang von Schichtzugehörigkeit berücksichtigte, betonte die
Historikerin INA BAGHDIANTZ MACCABE (Medford, MA) die Bedeutung von
Studien, die sich nicht auf die Erforschung nur einer
Diaspora-Gemeinschaft beschränken. Am Beispiel ihrer eigenen Arbeiten
über Juden und Jüdinnen, Armenier/-innen und Hugenotten und
Hugenottinnen verdeutlichte sie, wie vielfältig und bedeutsam die
Netzwerke sein können, die über die Grenzen der jeweiligen Gruppe
hinausgehen. In Bezug auf das soziale Gefüge innerhalb von
Diaspora-Gemeinschaften sei der “Mythos der Einheit” seit langem
demontiert worden und das Modell von durch verwandtschaftliche
Beziehungen automatisch erhöhtem Vertrauen müsse bezweifelt werde,
insbesondere im Hinblick auf die sephardischen Juden und Jüdinnen.

In ihrem Vortrag über die sephardische Diaspora in Thessaloniki, der in
ihrer Abwesenheit vorgelesen wurde, bestätigte RENA MOLHO (Athen) diese
Einschätzung. Erst als die Deutschen 1941 gekommen seien und begonnen
hätten, Juden und Jüdinnen zu deportieren, hätten die Sephardim in
Thessaloniki ein Gefühl von Kollektivität entwickelt. Zuvor habe man
lediglich gewusst, dass es viele in der Stadt gebe, ohne sich jedoch zu
(er)kennen. Die sephardischen Juden und Jüdinnen, die sich nach der
spanischen Inquisition 1492 in Thessaloniki angesiedelt hatten, stellten
bis 1943 die größte ethnische Minderheit in der Stadt dar und
betrachteten Thessaloniki als ihre Heimat. Sie fühlten sich hier sicher
– eine Ausnahme in der jüdischen Diaspora, wie Molho betonte.

Dass verwandtschaftliche Beziehungen in der Diaspora aber durchaus von
großer Bedeutung sein können, zeigte EFTHIA VOUTIRA (Thessaloniki) in
ihrem Vortrag über die Pontos-Griechen und Pontos-Griechinnen; diese
hätten in ihrer bewegten Vergangenheit, die sich bis in 7. Jahrhundert
vor Christus zurückverfolgen lässt, viele Status-Transformationen
durchlaufen. Für die Gegenwart beobachtete Voutira, dass die
Zugehörigkeit zu dieser Gruppe seit 1990 nicht nur eine rechtliche
Privilegierung bedeute, sondern auch eine wichtige emotionale Ressource
darstelle. Angesichts der neuen Möglichkeiten, sich zwischen der
ehemaligen Sowjetunion und den Ländern der Europäischen Union hin und
her zu bewegen, hätten sie ein Konzept der Rückkehr entwickelt, das
nicht “return to a place” bedeute, sondern “return to each other”.

MILENA BENOVSKA-SABKOVA (Sofia) untersuchte die russische Diaspora, die
sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts in drei Phasen in Bulgarien
herausgebildet habe: erstens nach der russischen Revolution Anfang der
1920er Jahre, zweitens während der sozialistischen Zeit 1944-1989, und
schließlich drittens in der post-sozialistischen Zeit nach 1990. Die
unterschiedlichen historischen Umstände der Einwanderung und die soziale
Heterogenität der Migranten und Migrantinnen spiegelten sich in der
sozialen Organisation der Diaspora wider. Die soziale Hierarchie, die
für das historische Herkunftsland (Russland oder die Sowjetunion)
kennzeichnet gewesen sei, liege auch der Struktur der Diaspora in
Bulgarien zugrunde. Das Bemühen der russischen Diaspora, ihre “russische
Identität” in Bulgarien zu bewahren, werde von Russland benutzt, um
politische und ökonomische Interessen in Bulgarien zu legitimieren.

In der Abschlussdiskussion fasste Waltraut Kokot als Desiderate der
Diaspora-Forschung vergleichende Untersuchungen, historische Studien und
Theorieentwicklung zusammen. Es gebe kaum diachron vergleichende Studien
und der anthropologischen Forschung mangle es an historischer Tiefe. In
diesem Zusammenhang war vor allem der Vorschlag von Eftihia Voutira
konstruktiv, in historisch informierten gegenwartsbezogenen Forschungen
die Methode der “interaktiven Archivforschung” einzusetzen, also die im
Fokus des Forschungsinteresses stehenden Menschen mit Archivmaterial zu
konfrontieren. In Bezug auf die Theoriebildung wurde ein Mangel an über
den Einzelfall hinausreichenden Konzepten konstatiert. Der Forderung
nach einer klaren, allgemein verbindlichen Diaspora-Definition wurde im
Plenum jedoch mehrheitlich abgelehnt. Am konsensfähigsten schien die
Ansicht Tölölyans, dass unter Diaspora alle Gruppen zu fassen seien, die
diasporische Merkmale hätten und noch nicht durch Assimilation
verschwunden seien. Auch transnationale Gemeinschaften, die sich zu
Diasporas entwickeln könnten, seien zu berücksichtigen. Der Ansatz,
Diaspora als Ressource zu begreifen, den die Hamburger
Diaspora-Forschung verfolgt, wurde ebenfalls diskutiert. Er hatte sich
im Verlauf der Tagung in Bezug auf einige Forschungen als produktiv
erwiesen, schien jedoch nicht für alle tragfähig. Es wurde deutlich,
dass es wichtig ist, einen Begriff wie Diaspora in Bewegung zu halten
und immer wieder neu entlang von Empirie und in Auseinandersetzung mit
anderen Konzepten zu konturieren. Dazu leistete die Tagung einen
wichtigen Beitrag.

Konferenzübersicht:

Waltraud Kokot: “Introduction”

Khachig Tölölyan: “Diaspora, Dispersion, and the Contingency of
Transnational Communities”

Janet Tai Landa: “Economic Success of Ethnically Homogeneous Middleman
Diasporas in the Provision of Club Goods: The Role of Culture, Religion,
Identity, and Ethnic Boundaries” (abstract)

Christian Giordano: “Networks and Corporate Groups: Social Organization
of the Chinese Diaspora in the Straits of Malacca – the Case of Penang”
(abstract)

Maja Korac-Sanderson: “Ethnic Entrepreneurship, Transnational Strategies
and Incorporation: Chinese in Serbia” (abstract)

Ina Baghdiantz McCabe: “Collaboration and Competition between Diaspora
Entrepreneurial Networks in the Early Modern Period” (abstract)

Discussion: Waltraud Kokot

Milena Benovska-Sabkova: “Social Networks and Identity: The Russian
Diaspora in Sofia” (abstract)

Eftihia Voutira: “The Pontic Greek Post-Soviet Diaspora Becoming
European” (abstract)

Discussion: Astrid Wonneberger

Bernhard Fuchs / Max Leimstättner: “Researching Embeddedness. Film and
Music in Different Immigrant Communities of Vienna” (abstract)

Hauke Dorsch: “The Cultural Economics of Jaliya – Three Generations of
West African Musicians Touring the Diaspora” (abstract)

Discussion: Erwin Schweitzer

Flip Lindo: “Diaspora Against Dispersion: The Strivings for Visibility
of a Transnational Religious Movement in Amsterdam” (abstract)

Rena Molho: “Salonica – a Homeland to the Sephardic Diaspora” (abstract)

Discussion: Roland Mischung

Freek Colombijn: “The Politics of Urban Space: Racial Segregation or
Class Segregation in Colonial Indonesia” (abstract)

Christine Avenarius: “Urban Spaces and Immigrant Places: Networks of
Taiwanese Communities in Southern California” (abstract)

Discussion: Julia Pauli

Final discussion

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Dr. Ramona Lenz
Zentrum für Mittelmeerstudien
der Ruhr-Universität Bochum
Konrad-Zuse-Str. 16
44801 Bochum
ramona.lenz@rub.de

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